文獻


Die Ausstellung Alberto Giacometti in der Galerie Maeght brachte keine äußerlich sensationellen Überraschungen. Unermüdlich verfolgt Giacometti sein Thema der schlanken stehenden Figuren, wobei die Plastiken der zwei letzten Jahre fast nur noch Varianten der einen stehenden Frauenfigur sind, in der der Künstler in fast verzweifeltem Kampf versucht, dem innersten Wesen des Naturbildes auf die Spur zu kommen. – Die Galerie Rive Droite zeigte eine Ausstellung von Malereien von Hultberg und Plastiken von Signori. Hultberg ist ein amerikanischer Maler, dessen Arbeiten bereits in Einzelausstellungen in der Galerie von Martha Jackson in New York gezeigt wurden. Diese Arbeiten sind in der Farbgebung wie auch im graphischen Duktus ein typisches Beispiel amerikanischer Eigenart und bilden einen Beitrag zu der künstlerischen Autonomie, die Amerika langsam zu gewinnen scheint. – Die Arbeiten von Sergio Signori sind das Resultat von langjährigen Arbeiten in Carrara, wo Signori in der Accademia während mehreren Jahren eine Lehrstelle einnahm. Seine subtil ausgearbeiteten Formen in Marmor und anderem Hartstein halten sich an einfachste Konturen, ohne je einen Schritt zu weit ins Expressive vorzudringen.

Die Galerie Stadler verfolgt weiterhin ihr Programm der sogenannten unformellen Kunst; Michel Tapié stellte den Maler Tapiès als einen besonders charakteristischen Repräsentanten dieser Richtung vor.

In der Rue des Beaux-Arts ist bald das letzte Schaufenster vom Kunstbetrieb in Anspruch genommen. Die kürzlich eröffnete Galerie Claude Bernard zeigte, wo heute der Wind her weht. Neben Appel, Alechinsky, Bryen, Ruth Francken, Moser und Sugai waren im Kellergeschoß die äußerst interessanten totemartigen Plastiken von Alicea Penalba zu sehen. Die argentinische Bildhauerin hatte diesen Winter mit Erfolg in der Galerie du Dragon ihre erste Einzelausstellung beschickt.

Bei Iris Clert zeigte der Chinese Hsiung Ping-Ming neue Metallplastiken. Schon seit einigen Jahren wird dieser aus China eingewanderte Bildhauer wegen seinem schönen Handwerk und seiner von ausgesprochenem Formgefühl geleiteten Beobachtungsgabe geschätzt. Die Bewegungen seiner Tierplastiken haben den Reiz des Momentanen und die Überzeugungskraft der abgeklärten Synthese. In der Galerie Cahiers d’Art präsentierte Madame Zervos neue Bilder des italienischen Malers Corpora, sowie ein reich und sorgfältig illustriertes Werk über sein Schaffen.

Die neuen Bilder von Lapoujade in der Galerie Pierre sind virtuose Variationen rein malerischer Akkorde. Campigli in der Galerie de France bringt nichts Neues, entspricht aber dem, was von seiner ansprechenden Begabung erwartet wird. Ebenso steht es mit Borès in der Galerie Louis Carré und Beaudin in der Galerie Louise Leiris.

Sehr ergreifend, besonders neben der noch nicht überstandenen Buffet-Hochflut wirkte die retrospektive Ausstellung von Francis Gruber in der Galerie Framond. Zu erwähnen sind weiter; neue Bilder von Piaubert in der Galerie Bing, Courtin bei Jeanne Bucher, Dubuffet bei Facchetti, der schweizerische Automaten-Plastiker Tingely mit seinen « tableaux cinétiques » (wie wissenschaftlich das tönt!), Bidoileau, der aus der Gruppe der Mondrian-Nachfolge heraus getreten ist und in seiner Ausstellung in der Galerie Creuze seine scheinbar auf anderen Planeten geborenen Figuren Vorstellt. Es wird hier ein Versuch gemacht, mit Hilfe des Imaginären eine durch Geschehen und Bewegung belebte Welt dem Malerischen wieder zuzuführen.

Die Galerie Villand-Galanis zeigt Maler zusammen, die aus der Galerie de France und der Galerie Louis Carré ausgeschieden sind und sich hier neu gruppieren, so zum Beispiel Estève, Lapicque und neuerdings Gischia, der in seiner Einzelausstellung langsam aus seiner graphischen Systematisierung, wo immer noch der Plakatmaler durchdrang, herauskommt. – Adrien Maeght, der Sohn von Aimé Maeght, zeigte in seiner Galerie an der Rue du Bac, wo er sich ausschließlich auf das graphische und buchgraphische Gebiet verlegt, das neue von Miró illustrierte Buch « La Bague d’Aurore » von René Crevel und daraufhin ein Ensemble von neuen graphischen Blättern von Georges Braque.

Eine sehr schöne Auswahl kubistischer Zeichnungen war in der kleinen Galerie « Le Bateau lavoir » zu sehen, wo die hauptsächlichsten Vertreter des Kubismus wie Braque, Delaunay, Marcel Duchamp, Gleizes, Juan Gris, Herbin, La Fresnaye, Léger, Lhote, André Mare, Metzinger, Picabia, Picasso und Villon diese heroische Epoche der modernen Kunst im intimen Skizzenbuchformat wieder aufleben ließen. Von hier aus besuchte man mit Vorteil die große Retrospektive Robert Delaunay im Musée d’Art Moderne, wo der oft intellektuelle Charakter des Kubismus zu einer dynamisch-farbigen Bewegtheit übergeht. Das dreißigjährige Bestehen der Editions G.L.M. (Guy Levis Mano) gab in der Librairie La Hune Anlaß zu einem bibliophilen Überblick über dieses äußerst lebendige, nur in Paris mögliche Kleinverlagswesens. Eine große Anzahl der ausgestellten Bücher und Broschüren sind heute zu bibliophilen Raritäten geworden. Eine sehr seltene Schau war auch die Ausstellung der Kleinplastiken von Daumier in der Galerie Le Garrec. Schließlich sind die drei großen Ausstellungen, von denen jede eine detaillierte Einzelbesprechung verdiente, zu erwähnen: Die « Cent chefs-d’œuvre de l’Art Français (1750-1950) bei Charpentier, wo ein Stilleben von Gauguin zu einem noch nie erreichten Rekordpreis von über 100 Millionen französischer Francs verkauft wurde; die Ausstellung des graphischen Werks von Marc Chagall in der Bibliothèque Nationale, die mit den 1922 in Berlin entstandenen Holzschnitten, Radierungen und Lithos beginnt, und schließlich die ganz außergewöhnliche Tschechoslowakische Ausstellung in den Arts Décoratifs, die Frankreich erstmals in diesem Ausmaße das böhmische Mittelalter offenbart.

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